Schnuppertage 2019


1./2. bis 3. November 2019

Rückblick

Am Freitag Abend bzw. Samstag Morgen haben sich rund 50 Interessierte mit vollbepacktem Rucksack aus verschiedenen Ecken der Schweiz auf den Weg in die Surselva gemacht, um die entstehende Idee der Bergsolawi Surselva hautnah zu erleben und mitzugestalten. Erstes Ziel war das Kennenlernen und die Mitarbeit auf einem der fünf Bergsolawi-Höfe. Mit grosser Neugier steuerten die Teilnehmenden den ihnen zugeteilten Hof an.

Bei Nadia und David auf Alp Glivers

In zwei Schichten wurden wir von den Betriebsleitenden sowie von Mitorganisator*innen der Schnuppertage am Freitagabend auf die Alp Glivers gefahren, auf nicht ganz 2000 Meter über Meer. Dort erwartete uns ein schlicht aber schön modern ausgebauter Alpstall mit grosszügiger Küche, richtig laaaaangem Esstisch und vielen Schlafplätzen mit warmen Decken. Von Anfang an plauderten alle ununterbrochen miteinander und tauschten sich untereinander aus. Hier und da wieder ein «…nei was? D’Wält isch eifach würklich chlii…». Mit dabei ist Tata, ein Bekannter von Carmen, einer Mitorganisatorin. Er ist Profi-Filmer und hat Zeit und Lust, die Schnuppertage zu dokumentieren. So cool!

Nach dem leckeren lokal-regionalen Abendschmaus stellen sich die Betriebsleitenden vor. Dann wird der nächste Tag geplant – mit Betonung der Uhrzeit der Tagwacht. Ja, wirklich, so früh, es geht nicht auf sonst. Also ab ins Bett… oder? Ach, vielleicht vorher noch ein klitzkleines Kartenspielchen.

Plötzlich läutet der Wecker – Tagwacht! Julia war schon eine Stunde früher aufgestanden, um den Sonnenaufgang hinter der teilweise verschneiten Bergspitzen-Skyline zu geniessen und nebenbei den Ofen anzufeuern, für Kaffee und Tee. Nach dem Frühstück teilen wir uns in Gruppen auf. Es gibt viel zu tun: zwei tote Bäume am Waldrand zersägen und das Holz wegtragen, spalten und einlagern; die Vorratskammer entrümpeln und reinigen; das Windrad und den Hotpot abbauen und versorgen; den Vorplatz wischen und die Abwasserrinnen säubern. Dazwischen ein exquisites Mittagessen, draussen in der prallen Sonne, auf der Terrasse hoch über dem Tal! Danach nochmals aufräumen, putzen, versorgen und schliesslich das Haus einwintern.

Bei Michael in Obersaxen

Am Freitagabend kamen wir im Dunkeln bei Michael auf dem Maiensäss an. In der Stube, während einem leckeren Abendessen aus lokalen Produkten, haben wir uns schon etwas besser kennengelernt. Michael erzählte ein paar spannende Geschichten aus seinem Leben. Draussen breitete sich ein klarer Sternenhimmel über uns aus, in dessen Genuss man z.B. bei einem Gang zur Toilette kam. Drinnen war es wohlig warm und wir schliefen langsam ein.

Am nächsten Morgen, nach einem langen, gemütlichen Frühstück draussen vor dem Maiensäss, ging es mit der Arbeit los. Eine gefällte Tanne musste weggeräumt werden. Die Äste wurden zu einem Haufen aufeinandergelegt, die dickeren Äste und der Stamm wurden zersägt und aufgeladen. Alle halfen mit, die Holzstücke wegzuräumen. Die Zeit ging sehr schnell vorüber. Trotzdem blieb noch Zeit um mit den Schafen zu kuscheln. Zum Mittagessen hat Rahel feine Capuns für uns gekocht. Am Nachmittag wurde eine neue Weide gezäunt und alles für den Rindertransport am Sonntag eingerichtet. Zum Schluss sassen wir noch gemütlich zusammen und verabschiedeten uns von Michael. Bis zum nächsten Mal!

Bei Barbara und Sep in Sumvitg

Als wir bei Barbara und Sep am Samstag Morgen ankamen, ging es gleich los mit dem Pflanzen von Obstbäumen überall im Tal. Nach dem Frühstück hat Sep die Aufgaben aufgeteilt und so konnten wir zu acht an einem Morgen einiges an Zaun abräumen für den Winter, den Stall misten, die Eier der Hühner einsammeln und vieles mehr. Bei unerwartetem Sonnenschein zauberte uns Barbara ein fantastisches Mittagessen mit selbst gemachten Nudeln. Diese Stärkung zusammen mit den frischen Äpfeln direkt vom Baum gab uns neue Energie für den Nachmittag.

Seit Jahren gibt es auf der anderen Talseite einen Hang der immer mehr verbuschte, aber Sep fand nie Zeit um etwas dagegen zu unternehmen. Nun nutzte er die Gelegenheit, so viele Helfer*innen dabei zu haben. In gut zwei Stunden hatten wir bereits einen beträchtlichen Teil der Fläche entbuscht. So konnten wir in so kurzer Zeit bereits einen sichtbaren Beitrag leisten. Und alle Schnuppertageteilnehmer*innen hatten eine gute Zeit zusammen in der schönen Natur der Surselva.

Bei Jonas in Munt

Nach knapp 400 Höhenmetern Aufstieg im Dunkeln (die Stirnlampen blieben bewusst aus) sind wir, sechs Teilnehmende, etwas aus der Puste aber voller Neugier bei Jonas in Munt angekommen. Umso mehr schmeckte uns das Abendessen! Wir probierten uns durch hofeigene und diverse Sorten von Gschwellti mit Alpkäse, während Jonas unsere vielen Fragen zum Hof und zum Leben in Munt ausführlich beantwortete. Müde, und zugleich neugierig auf den nächsten Tag, gingen wir schlafen.

Nach einem redseligen Frühstück, einer Hofführung (Engadinerschafe, Rhätisches Grauvieh, Hühner & Gemüsegarten) mit Weitblicken, begleiteten wir die Mütterkühe und Kälber auf die Weide – das letzte Mal in diesem Jahr. Unter strahlend blauem Himmel bauten wir die Tränke ab, räumten Kuhfladen zusammen und zäunten ab… Arbeiten, die getan sein sollten, bevor Winter und Schnee kommen.

Gestärkt durch feine Pizzoccheri gingen wir am Nachmittag auf die Suche nach einem verirrten Schafbock und konnten einmal mehr die schöne Aussicht geniessen. Mit neuen Eindrücken im Rucksack verabschiedeten wir uns von Jonas und von Munt.

Bei Eveline und Dominik in Curaglia

In Curaglia war die Ankunft am Freitagabend ziemlich stürmisch. Es windete und regnete. Daher holte Dominik uns alle mit dem Bus an der Posthaltestelle ab. Danach gab es ein gemütliches Abendessen auf Strohballen im Stall. Alle gingen müde und zufrieden in den Strohstock schlafen. 

Am nächsten Tag, nach einem ergiebigen Frühstück, teilten wir uns auf in zwei Gruppen. Die kleinere Gruppe mistete einen Stall für die Packböcke aus. Die andere Gruppe blieb auf dem Hof und entbuschte ein riesiges Hangstück, das zuvor schon Ziegen und Schweine in Angriff genommen hatten. Nach einem deftigen Zmittag mit Ragout von den hofeigenen Tieren, ging die Arbeit weiter. Einige wechselten vom Stall zum Entbuschen und umgekehrt. Am Ende war viel Arbeit erledigt und viele zufriedene Gesichter zu sehen.

Samstag Abend

Am späten Samstag-Nachmittag hiess es auf allen fünf Höfen: Rucksack packen, sich von Hof, Kuh, Geiss, Lämmchen, Huhn, Katze und Aussicht verabschieden und nach Disentis ins Center sursilvan d’agricultura fahren, wo uns ein geselliger Samstagabend erwartete. Bei leckeren und hofeigenen Würsten sowie Kürbissen vom Grill mit Gersotto (Gersten-Risotto; Gerste aus der Region) konnten sich alle Teilnehmenden untereinander kennenlernen und über den ereignisreichen Tag auf den Betrieben austauschen.

Sonntag

Der Sonntag sollte allen Teilnehmenden und Betriebsleitenden die Möglichkeit bieten, sich mit der Entstehung und Entwicklung der zukünftigen Berg-Solawi Surselva auseinanderzusetzen. Doch zuerst wurden wir mit einem grossen Frühstücksbuffet mit regionalem Alpkäse, Brot vom Dorfbäcker, Müesli und weiteren Leckereien versorgt. Und Tata stellt bereits einen ersten Teaser seiner filmischen Schnuppertage-Dokumentation vor. Hammer!

Das inhaltliche Tagesprogramm leitete Tex, der sich in der Kooperationsstelle für solidarische Landwirtschaft engagiert. Zu Beginn gab es Raumspiele mit allen Beteiligten. Danach führte Tex uns in die Grundsätze der solidarischen Landwirtschaft (Solawi) ein. Was nach trockenem Hirnturnen klingt, wurde durch humoristische aber lehrreiche Rollenspiele aufgelockert. Wie in jeder Solawi wird auch in der künftigen Bergsolawi Surselva das Ziel verfolgt, die (Berg-)Landwirtschaft weitestgehend nachhaltig zu gestalten, indem sie gemeinschaftlich getragen wird. Dabei wurde der aktuelle Zwischenstand der Konzeptentwicklung vorgestellt. Am Nachmittag wurden die noch weitgehend offenen strategischen sowie organisatorischen Belange partizipativ und themenspezifisch diskutiert. In Gruppen aus Teilnehmer*innen der Schnuppertage und Betriebsleiter*innen von den Höfen wurden die Themen, Lösungsansätze gesammelt und mögliche nächste Schritte formuliert.

Nach dieser Denkrunde hiess es dann bereits Tschüss sagen und nach Hause fahren – vorerst.

Medienecho:

WoZ-Artikel: «Geissen für Zürich».

Rätoromanisches Radio: «agricultura solidarica».

Quotidiana-Artikel: «<<Prosuments>> s’avonzan ellas muntognas».

Bündner Tagblatt /Südostschweiz: «Im Fokus: Solidarisch gegen die Abhängigkeit / <<Berg-Solawi>> soll die Bauern freier machen»